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Das Leben - ein dankenswertes Gut ? Freud und Leid Das Leben kann voller Leid sein. Das ist eine unbestreitbare Tatsache, gegen die aber oft eingewendet wird, dass es im Leben nicht nur Leiden gäbe, sondern in ihm auch viel Freude sein könne. Arthur Schopenhauer hatte zu solchem Vergleich, zumal er Kernaussagen seiner Philosophie betrifft, klar und eindrucksvoll Stellung genommen: "Ehe man so zuversichtlich ausspricht, daß das Leben ein wünschenswerthes, oder dankenswerthes Gut sei, vergleiche man ein Mal gelassen die Summe der nur irgend möglichen Freuden, welche ein Mensch in seinem Leben genießen kann, mit der Summe der nur irgend möglichen Leiden, die ihn in seinem Leben treffen können. Ich glaube, die Bilanz wird nicht schwer zu ziehen seyn. Im Grunde aber ist es ganz überflüssig, zu streiten, ob des Guten oder des Uebeln mehr auf der Welt sei: denn schon das bloße Daseyn des Uebels entscheidet die Sache; da dasselbe nie durch das daneben oder danach vorhandene Gut getilgt, mithin auch nicht ausgeglichen werden kann ... Denn, daß Tausende in Glück und Wonne gelebt hätten, höbe ja nie die Angst und Todesmarter eines Einzigen auf: und eben so wenig macht mein gegenwärtiges Wohlseyn meine früheren Leiden ungeschehn. Wenn daher des Uebeln auch hundert Mal weniger auf der Welt wäre, als der Fall ist; so wäre dennoch das bloße Daseyn desselben hinreichend, eine Wahrheit zu begründen, welche sich auf verschiedene Weise, wiewohl immer nur etwas indirekt ausdrücken läßt, nämlich, daß wir über das Daseyn der Welt uns nicht zu freuen, vielmehr zu betrüben haben ..." * Das Leben - ein dankenswertes Gut, das “Geschenk” eines Schöpfergottes? Nein! Eher das Gegenteil ist der Fall, denn das Leben, so meinte Schopenhauer, stelle sich “keineswegs dar als ein Geschenk zum Genießen, sondern als eine Aufgabe, ein Pensum zum Abarbeiten, und dementsprechend sehn wir im Großen wie im Kleinen, allgemeine Noth, rastloses Mühen, beständiges Drängen, endlosen Kampf ...”. ** Mit solcher realistischen Beschreibung des Lebens zeigte sich Arthur Schopenhauer erneut als lebensnaher Philosoph, dem es um allein um die Wahrheit ging und der deshalb frei war von allem beschönigenden Optimismus.
Weiteres > Arthur Schopenhauer : Leid und Erlösung Zitatquellen * Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band IV: Die Welt als Wille und Vorstellung II, Zürich 1977, S. 674 f. ** Schopenhauer , a. a. O., Band III: Die Welt ..., S. 417. |
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