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Die Hoffnung ist eine Hauptquelle unserer Freuden. Hoffnung ist die Verwechselung des Wunsches einer Begebenheit mit ihrer Wahrscheinlichkeit. Beim Humor versteckt sich der Ernst hinter den Scherz. Heiterkeit und Lebensmut der Jugend beruht darauf, dass wir, bergauf gehend, den Tod nicht sehen, weil er am Fuß der anderen Seite des Berges liegt. Die Leute zu kränken ist leicht, sie zu bessern schwer. Kriege machen den Stoff der Weltgeschichte aus. Das Lachen ist für ein schönes Gesicht, was für eine schöne Gegend der hervorbrechende Sonnenblick ist. Wie bekanntlich unser Gehen nur ein stets gehemmtes Fallen ist, ([so ist]das Leben unseres Leibes nur ein fortdauernd gehemmtes Sterben, ein aufgeschobener Tod ... Jeder Atemzug wehrt den beständig eindringenden Tod ab, mit welchem wir auf diese Weise in jeder Sekunde zu kämpfen, und dann wieder, in größeren Zwischenräumen, durch jede Mahlzeit, jeden Schlaf, jede Erwärmung u. s. w. Zuletzt muss er siegen: denn ihm sind wir schon durch die Geburt anheim gefallen und er spielt nur eine Weile mit seiner Beute, bevor er sie verschlingt. Wir setzen indessen unser Leben mit großem Anteil und vieler Sorge fort, so lange als möglich, wie man eine Seifenblase so lange und so groß als möglich aufbläst, wiewohl mit der festen Gewissheit, dass sie platzen wird. Das Leben ist ein Meer voller Klippen und Strudel, die der Mensch mit der größten Behutsamkeit und Sorgfalt vermeidet, obwohl er weiß, dass, wenn es ihm auch gelingt, mit aller Anstrengung und Kunst sich durchzuwinden, er eben dadurch mit jedem Schritt dem größten, dem totalen, dem unvermeidbaren und unheilbaren Schiffbruch näher kommt, ja gerade auf ihn zusteuert, dem Tode: dieser ist das endliche Ziel der mühseligen Fahrt und für ihn schlimmer als alle Klippen, denen er auswich. Das Leben ist kein Geschenk zum Genießen, sondern ein Pensum zum Abarbeiten. Das Leben ist durchaus anzusehen als eine strenge Lektion, die uns erteilt wird, wenngleich wir, mit unseren auf ganz andere Zwecke angelegten Denkformen, nicht verstehen können, wie wir haben dazu kommen können, ihrer zu bedürfen. Die so oft beklagte Kürze des Lebens ist vielleicht gerade das Beste daran. Vom Standpunkte der Jugend aus gesehen, ist das Leben eine unendlich lange Zukunft; vom Standpunkte des Alters aus, eine kurze Vergangenheit. Nur wer alt wird, erhält eine vollständige und angemessene Vorstellung vom Leben, indem er es in seiner Ganzheit, besonders aber nicht bloß von der Eingangs-, sondern auch von der Ausgangsseite übersieht. Nicht Ärzte und Apotheker, sondern die Lebenskraft heilt die Krankheiten, für welche jene Herren dann das Geld einstreichen. Ein Fehltritt der Jugend verdirbt oft den ganzen Lebenslauf. Unser Lebensweg ist dem Lauf eines Schiffes zu vergleichen. Das Schicksal spielt die Rolle des Windes. Bei Abwesenheit großer Leiden quälen uns die kleinsten Unannehmlichkeiten. Die unmittelbare Teilnahme am Andern ist auf sein Leiden beschränkt und wird nicht durch sein Wohlsein erregt. Das Lesen zwingt dem Geiste Gedanken auf, beim Selbstdenken folgt er dem eigenen Triebe. Lesen heißt mit einem fremden Kopfe, statt des eigenen, denken. Fremde, gelesene Gedanken sind die Überbleibsel eines fremden Mahles. Wenn einer lügt, stelle man sich gläubig; da wird er dreist, lügt stärker und ist entlarvt. |
Vorbemerkung > Schopenhauer und seine Zitate |
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