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Arthur Schopenhauer : Gott - ein Teufel ?Leid und Gott ( Theodizee ) aus der Sicht von
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Bevor erklärt wird, was Theodizee ist, und welche Einstellung Arthur Schopenhauer zu dem hatte, was in den theistischen Religionen gemeinhin Gott genannt wird, sei zunächst auf vier Striche hingewiesen, die, obwohl ziemlich unscheinbar, dennoch für Schopenhauer bezeichnend sind: Im Oupnekhat, jenem Buch, das die lateinische Übersetzung der von Arthur Schopenhauer überaus hoch geschätzten Upanishaden enthält, hatte Schopenhauer eine sehr aufschlussreiche Korrektur vorgenommen: Er strich dort (s. u. rot umrandet) die Wörter “Deus” und ”creator”, also “Gott” und “Schöpfer”, jeweils zwei mal durch: |
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Der Verfasser des Buches, aus welchem obige Abbildung entnommen wurde, bemerkte dazu, dass Schopenhauer “das Oupnekhat natürlich als überzeugter Atheist” gelesen hätte.(1) Warum war Arthur Schopenhauer “überzeugter Atheist”? Eine Antwort hierauf findet sich in seinen im hand- schriftlichen Nachlass überlieferten Aufzeichnungen: In meinem 17ten Jahre, ohne alle gelehrte Schulbildung, wurde ich vom Jammer des Lebens so ergriffen, wie Buddha in seiner Jugend, als er Krankheit, Alter, Schmerz und Tod erblickte. Die Wahrheit, welche laut und deutlich aus der Welt sprach, überwandt bald die auch mir eingeprägten Jüdischen Dogmen, und mein Resultat war, daß diese Welt kein Werk eines allgütigen Wesens seyn könnte, wohl aber das eines Teufels, der Geschöpfe ins Daseyn gerufen, um am Anblick ihrer Qual sich zu weiden; darauf deuteten die Data, und der Glaube, daß es so sei, gewann Oberhand.(2) Schopenhauer schrieb das 1832 in eines seiner Manuskriptbücher (Cholerabuch). Etwa zehn Jahre zuvor notierte er in seinem Reisebuch: Wenn ein Gott diese Welt gemacht hat, so möchte ich nicht der Gott seyn, ihr Jammer würde mir das Herz zerreißen.(3) |
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Aus: Reisebuch , S. 171 > Quelle ( Univ.bibl. Frankfurt a. M., Samml. Arthur Schopenhauer ) |
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Was Schopenhauer dort notierte, ist ein zentrales Problem aller theistischen Religionen: Keine dieser Religionen kann ernsthaft bestreiten, dass auf dieser Welt furchtbares Leid herrscht, dem mehr oder weniger alle Lebewesen unterworfen sind. Diese Tatsache ist unvereinbar mit der Existenz eines Schöpfergottes, der allgütig und allmächtig zugleich sein soll. Alle dies- betreffenden seit Jahrtausenden unternommenen Rechtfertigungsversuche (Theodizee = griech., Gottesrechtfertigung) mussten und müssen deshalb vergeblich bleiben.(4) Schopenhauer, der fest auf dem Boden der Tatsachen stand, war konsequent und deshalb Atheist. Die einzige weltbekannte Religion, für die sich nicht das unauflösbare Problem der Theodizee stellt, ist der Buddhismus. In einer mehr als 2000 Jahre alten buddhistischen Schrift ist zu lesen: Wenn Gott, der über alles waltet, So ist der Buddhismus atheistisch. Er ist aber nicht materialistisch und hat eine allumfassende Ethik, verbunden mit einer sehr tiefen Metaphysik, die dem Kern von Schopenhauers Philosophie nahe kommt. Verständlich, wenn der Atheist Arthur Schopenhauer sich und seine Anhänger als Buddhaisten bezeichnete. Die Philosophie Schopenhauers und die Vier Edlen Wahrheiten des Buddha zeigen, dass es auch ohne theistische Religionen, die das Problem der Theodizee nicht lösen können, sehr wohl eine begründete Aussicht gibt, diese Welt des Leides zu überwinden (Erlösung). Anmerkungen (1) Urs App, Schopenhauers Kompass. (2) Arthur Schopenhauer, Der handschriftliche Nachlaß in fünf Bänden, hrsg. v. Arthur Hübscher, Band 4, I, München 1985, S 96. (3) Arthur Schopenhauer , a. a. O., Band 3, S. 57. (4) Vgl. dazu: Wörterbuch der Religionen - 3. Aufl., neubearb. und hrsg. von Kurt Goldammer - Stuttgart 1976, S. 590 f., Stichwort: Theodizee. Außerdem: Wenn Gott, wie oben erklärt, die Übel dieser Welt als “Prüfungen” schicken sollte, dann ergibt sich die Frage: Will er auch die Tiere “prüfen”, in dem er sie furchtbar leiden lässt? Wäre das der Fall, so müsste die oben gestellte Frage “Gott - ein Teufel?” von denen, die ein Herz für Tiere haben, wohl eher bejaht als verneint werden. (5) Jataka, zit. aus: Pfad zur Erleuchtung. Buddhistische Grundtexte, übers. und hrsg. von Helmuth von Glasenapp, Düsseldorf/Köln 1974, S.63. |
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