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Arthur Schopenhauer  und der Tierschutz

aus der Sicht von Magnus Schwantje

In dem bereits erwähnten, vom  Vegetarierbund Deutschland   (online) veröffentlichten Beitrag über Magnus Schwantje, wird darauf hingewiesen, dass Schwantje  “in Übereinstimmung mit Schopenhauer oder beeinflusst durch ihn, das Mitleid als Grundlage der Moral” angesehen habe. Schwantje selbst hatte sich dazu ausführlich in einer Schrift geäußert, die 1919 vom  Bund für radikale Ethik (vormals Gesellschaft zur Förderung des Tierschutzes) herausgegeben wurde. Ihr Titel lautet:  “Schopenhauers Ansichten von der Tierseele und vom Tierschutz “. Grundlage dieser Schrift war eine Rede Schwantjes, die er 1915 in der Generalversammlung der Schopenhauer-Gesellschaft gehalten hatte.

In dieser Abhandlung wird deutlich, wie intensiv, aber auch verständnisvoll und zugleich kritisch sich Schwantje mit Schopenhauers Einstellung zu den Tieren auseinandergesetzt hatte. So schrieb er dort gleich am Anfang:

“ Von allen abendländischen Philosophen hat ... keiner so oft und so nachdrücklich auf die moralische Bedeutung des Verhaltens des Menschen gegen die Tiere hingewiesen wie Arthur Schopenhauer (auch im Originaltext besonders hervorgehoben!).

Wer dieses Mitleid des großen Mannes mit den Tieren und seine Freude am Tierleben nicht versteht, wer sie etwa für  eine moralisch gleichgültige Liebhaberei eines einsamen Philosophen hält, wer meint, der Umgang mit Tieren sei ihm nur ein Ersatz für den vom Schicksal versagten Umgang mit gleichgesinnten Menschen gewesen, dem ist ein tiefes Verständnis des Charakters und der moralischen Lehren, ja, der ganzen Weltanschauung Schopenhauers verschlossen.”

Magnus Schwantje fügte dieser sehr zutreffenden Charakterisierung Schopenhauers noch einen Satz hinzu, der Schopenhauers Weitsicht und seine Bedeutung für die Anerkennung von Tierrechten, also für den etwa 100 Jahre nach Schopenhauer (!) einsetzenden Kampf für Tierrechte, zum Ausdruck bringt:

Mit seinen Ansichten von dem Recht der Tiere eilte Schopenhauer seinen Zeitgenossen weit voraus.

Trotz aller Wertschätzung stand Schwantje Schopenhauer keineswegs unkritisch gegenüber. So wies er darauf hin, dass Schopenhauers Meinung zur Tierpsychologie, insbesondere aber seine Unterschätzung der geistigen Fähigkeiten der Tiere, überholt sind. Schwantje hatte dabei jedoch durchaus Verständnis für Schopenhauer :

“Wer ein so gewaltiges Werk wie das System der Schopenhauer´schen Philosophie schaffen will, ist genötigt, von seinen Vorgängern manche Ansichten unbesehen zu über- nehmen; denn er könnte sein Werk nie beenden, wenn er die Wahrheit jedes überlieferten Satzes, an den er seine eigenen Gedanken anknüpfen muß, durch eigene Forschungen untersuchen wollte. Man darf daher Schopenhauer nicht einen Vorwurf daraus machen, daß er einige unhaltbare Ansichten von den Tieren von seinen Vorgängern offenbar ungeprüft übernommen hat.” 

Hierbei glaubte Schwantje, dass, “ wenn Schopenhauer einmal eine Anregung erhalten hätte, die gesamten seelischen und geistigen Fähigkeiten der Tiere zu untersuchen ... oder er noch die tierpsychologischen Forschungen der letzten Jahrzehnte kennengelernt hätte, so hätte er den Tieren gewiß auch viele Eigenschaften zuerkannt, die er ihnen in seinen Schriften abgesprochen hat.”

Gegen Ende seiner Abhandlung betonte Schwantje, dass er durch sie zeigen wollte,     “dass die Tiere von uns noch viel höher geschätzt werden müssen”.

Schwantje schließt seine auch heute noch sehr lesenswerte Schrift mit einer Würdigung Schopenhauers, wobei er hervorhob, “daß Schopenhauer durch seinen edelmütigen Kampf für die Rechte der Tiere eine der größten und schönsten Taten seines ganzen Lebens vollbrachte. 

Gerade daß Schopenhauer trotz seiner Unterschätzung der Leiden der Tiere von tiefem Mitleid mit ihnen erfüllt war und mit großem Eifer der Tierquälerei entgegentrat, ist ein glänzendes Zeugnis für seinen moralischen Charakter, denn der Charakter eines Menschen ist umso edler, je kleiner das Leid ist, bei dessen Anblick sein Mitleid im Verhältnis zu dem von ihm  vorgestellten  Leid des Anderen ist.

Daß Tiere leiden können, genügte dem großen Mann, um mit heiligen Zorn gegen die Quälerei der Wehrlosen zu kämpfen. Ihm erschien es als ruchlos, irgend einem leidensfähigen Wesen, möge seine Leidensfähigkeit groß oder klein sein, das Recht abzusprechen, von allem Leiden verschont zu werden, das nicht zur Verhütung eines größeren Leidens nötig ist. Mit Recht sagt der bekannte Nervenarzt P. J. Möbius  in seinem Buche über Schopenhauer:

Hätte Schopenhauer weiter kein Verdienst als das, mit flammenden Worten der Tierverachtung und Tierschinderei entgegengetreten zu sein, so müßten wir ihn allein deshalb lieben und sein Andenken hochhalten.

Wenn also dieVerehrer Schopenhauer´s  ihrem Meister danken wollen für die unermeßlichen Wohltaten, die sie von ihm empfangen haben, so sollten sie ihm nachfolgen in der Betätigung des Mitleids, insbesondere in der Arbeit zur Linderung der entsetzlichen Leiden unserer unmündigen Brüder, die auf unsere Hilfe angewiesen sind, weil sie sich nicht selber helfen können.”
                                                                                                                             
Weiteres:

> Zu Leben und Werk von Magnus Schwantje

> Magnus Schwantje zu Schopenhauers Philosophie

> Schopenhauer - ein Wegbereiter für Tierrechte

> Tierethik - Tierrechte - Schopenhauer

> Deschner , Schopenhauer und die Tierethik

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