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In eines seiner Manuskripte aus dem Jahr 1814, also schon vier Jahre bevor er sein Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung abschloss, schrieb Arthur Schopenhauer eine Notiz, welche die Grundlagen seines Denkens und Philosophierens aufzeigt. Sie lässt in Schopenhauers eigenen Worten erkennen, wie seine Philosophie entstand und ist somit für ihr Verständnis aufschlussreich: Mein Denken in Worten, also Begriffen, also die Thätigkeit der Vernunft, ist für meine Philosophie nichts anderes als was das Technische für den Mahler ist, das eigentliche Mahlen, die conditio sind qua non [unerläßliche Bedingung]. Aber die Zeit der wahrhaft philosophischen, wahrhaft künstlerischen Thätigkeit sind die Augenblicke wo ich mit Verstand und Sinnen rein objekiv in die Welt hineinsehe. Diese Augenblicke sind nichts Beabsichtigtes, nichts Willkürliches, sie sind das mir Gegebene, mir Eigene, was mich zum Philosophen macht, in ihnen fasse ich das Wesen der Welt auf, ohne dann zugleich zu wissen, daß ich es auffasse; ihr Resultat wird oft erst lange nachher aus der Erinnerung schwach in Begriffen wiederholt und so dauernd befestigt.(1) |
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Quelle: > Handschriftlicher Nachlass |
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In seiner vorzüglichen Biografie über Arthur Schopenhauer kommentierte Walter Abendroth die obige Bemerkung Schopenhauers zu seiner “wahrhaft philosophischen, wahrhaft künstlerischen Tätig- keit”: Ganz ebenso, wie der Künstler das intuitiv Empfangene dann in bewußter, besonnener Arbeit sichtet, ordnet, ausformt und zur Sinnfälligkeit, einer klar überschaubaren Ganzheit erhebt, vollzog der Denker hier den Auf- und Ausbau eines am Ende überraschend in sich selbst geschlossenen philosophischen Systems.(2) Zu diesem philosophischen System, also dem Ergebnis von Schopenhauers Denken und Philosophieren, äußerte sich einer der kompetentesten Schopenhauer-Forscher, Arthur Hübscher, der meinte, dass Schopenhauers Lehre [...] im Wirrsal der Erscheinungen Übereinstimmung und Zusammenhang erblicken läßt und so am Ende das Problem des Daseins zu einer Lösung führt, wie sie den Künsten auf dem Weg der Intuition geschenkt wird. (3) So sind es wohl neben Vernunft und Verstand vor allem die Intuition und die Fähigkeit, “rein objektiv in die Welt hineinzusehen”, die Schopenhauers Philosophieren kennzeichnen und zu seiner spirituell sehr tiefen, dem Buddhismus sowie den altindischen Upanishaden nahe stehenden Lehre führten. Selbstdenken war die Grundlage seines Philosophierens (4). Hierbei ließ Arthur Schopenhauer sich durchaus von den Weisheiten anderer Philosophien inspirieren: Ich gestehe ..., dass ich nicht glaube, dass meine Lehre je hätte entstehen können, ehe die Upanischaden, Plato und Kant ihre Strahlen zugleich in eines Menschen Geist werfen konnten. (5)
(1) Arthur Schopenhauer, Der handschriftliche Nachlaß [HN], (2) Arthur Schopenhauer in Selbstzeugnissen und (3) Arthur Hübscher, Denker gegen den Strom: (4) Schopenhauer hielt das Selbstdenken für derart wichtig, (5) Arthur Schopenhauer , Der handschriftliche Nachlaß, |
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