Bereits seine frühen Manuskripte zeigen, wie Schopenhauer schon in jungen Jahren das Leben ohne jede Schönfärberei gesehen hatte, und wie tief er selbst von seiner realistischen Weltsicht berührt wurde. So schrieb er 1816:
“Der Jammer des Lebens geht schon genugsam aus der einfachen Betrachtung hervor, dass das Leben der allermeistem Menschen nichts ist als ein beständiger Kampf um diese Existenz selbst mit der Gewissheit, ihn zuletzt zu verlieren. ... Bedenkt man ferner die entsetzlichen Leiden und Qualen, denen das Leben eines jeden offen steht, so muß man von Grausen ergriffen werden.”(3)
Arthur Schopenhauer erkannte, wie das Leben wirklich ist, und diese Erkenntnis hatte ihn selbst durch und durch erschüttert. Er ist in dieser Hinsicht mit dem von ihm hoch verehrten Buddha vergleichbar. Den Buddhismus lernte Schopenhauer erst in seinen späteren Jahren kennen. Er fand dort vieles, was seiner Philosophie so nahe kommt, dass er schließlich sich und seine Anhänger als “Buddhaisten” bezeichnete. Wie im Buddhismus wurde für Schopenhauer die Einsicht, dass irdisches Glück letztlich nur trügerisch und diese Welt zutiefst von Leid durchtränkt ist, zum Ausgangspunkt einer Philosophie, die in ihrem Kern Erlösung verheißt.
Alles Geborene, Gewordene, Geschaffene und somit auch das Leben selbst ist vergänglich. Alter, Krankheit und Tod sind Ausdruck der Vergänglichkeit. Daher ist das Leben untrennbar mit Leid verbunden. Doch es gibt Hoffnung, die für den Buddha eine Gewissheit war:
Es gibt ein Nichtgeborenes, ein Nichtgewordenes, ein Nichtgeschaffenes, das einen Ausweg bietet für das Geborene, Gewordene, Geschaffene.(4)
Alles Gewordene, Geborene und somit alles Leben gehört zur Welt des Vergänglichen. Das hinter dem Vergänglichen etwas “Anderes” ist, davon war - wie der Buddha - auch Arthur Schopenhauer überzeugt:
Hinter unserm Daseyn nämlich steckt etwas Anderes, welches uns erst dadurch zugänglich wird, daß wir die Welt abschütteln.(5)
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