Die ephemeren Geschlechter der Menschen entstehn und vergehn in rascher Succession, während die Individuen unter Angst, Noth und Schmerz dem Tode in die Arme tanzen. Dabei fragen sie unermüdlich, was es mit ihnen sei, und was die ganze tragikomische Posse zu bedeuten habe, und rufen den Himmel an, um Antwort. Aber der Himmel bleibt stumm. Hingegen kommen Pfaffen mit Offenbarungen. ( P II 387 f. )
Den Herren von der Offenbarung möchte ich rathen, heut zu Tage nicht so viel von der Offenbarung zu reden; sonst ihnen leicht ein Mal offenbart werden könnte, was eigentlich die Offenbarung ist. - ( P II 423 )
Der aber ist nur noch ein großes Kind, welcher im Ernst denken kann, daß jemals Wesen, die keine Menschen waren, unserm Geschlecht Aufschlüsse über sein und der Welt Daseyn und Zweck gegeben hätten. Es giebt keine andere Offenbarung, als die Gedanken der Weisen; wenn auch diese, dem Loose alles Menschlichen gemäß, dem Irrthum unterworfen, auch oft in wunderliche Allegorien und Mythen eingekleidet sind, wo sie dann Religionen heißen. Insofern ist es also einerlei, ob Einer im Verlaß auf eigene, oder auf fremde Gedanken, lebt und stirbt: denn immer sind es nur menschliche Gedanken, denen er vertraut, und menschliches Bedünken. Jedoch haben die Menschen, in der Regel, die Schwäche, lieber Andern, welche übernatürliche Quellen vorge- ben, als ihrem eigenen Kopfe zu trauen. Fassen wir nun aber die so überaus große intellektuelle Ungleichheit zwischen Mensch und Mensch ins Auge; so könnten allenfalls wohl die Gedanken des Einen dem Andern gewissermaaßen als Offenbarungen gelten. -
Hingegen das Grundgeheimniß und die Urlist aller Pfaffen, auf der ganzen Erde und zu allen Zeiten, mögen sie brahmanische oder mohammedanische, buddhaistische, oder christliche seyn, ist Folgendes. Sie haben die große Stärke und Unvertilgbarkeit des metaphysischen Bedürfnisses des Menschen richtig erkannt und wohl gefaßt: nun geben sie vor, die Befriedigung desselben zu besitzen, indem das Wort des großen Räthsels ihnen, auf außerordentlichem Wege, direkt zugekommen wäre. Dies nun den Menschen Ein Mal eingeredet, können sie solche leiten und beherrschen, nach Herzenslust. Von den Regenten gehn daher die klügeren eine Allianz mit ihnen ein: die andern werden selbst von ihnen beherrscht. Kommt aber ein Mal, als die seltenste aller Ausnahmen, ein Philosoph auf den Thron, so entsteht die ungelegenste Störung der ganzen Komödie. ( P II 387 f. )
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