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Arthur Schopenhauer : Natur und Moral

Arthur Schopenhauer

Aus: Schopenhauer-Lexikon.
Ein philosophisches Wörterbuch,
nach Arthur Schopenhauers sämmtlichen Schriften und handschriftlichem Nachlaß
bearb. von Julius Frauenstädt. Band 2, Leipzig 1871, S. 162-165, Stichwort: Natur.

Die Natur kennt nur das Physische, nicht das Moralische; sogar ist zwischen ihr und der Moral entschiedener Antagonismus [Gegensatz]. Erhaltung des Individuums, besonders aber der Spezies, in möglichster Vollkommenheit, ist ihr alleiniger Zweck. (W. II, 645.)

Wer den Charakter der Natur ins Auge fasst, der wird dem Aristoteles Recht geben, wenn er sagt: η φυσις δαιμονια αλλ ου θεια εστι (natura daemonia est, non divina) [Die Natur ist dämonisch, aber nicht göttlich].
(W. II, 398. 405.)

Viel richtiger, als die Natur auf pantheistische Weise mit Gott zu identifizieren, wäre es, sie mit dem Teufel zu identifizieren, wie der ehrwürdige Verfasser der deutschen Theologie getan, indem er sagt: "Darum ist der böse Geist und die Natur Eins, und wo die Natur nicht überwunden ist, da ist auch der böse Feind nicht überwunden." (P. II, 107.)

Das wirklich und faktisch in der Natur herrschende Gesetz ist das Herrschen der Gewalt statt des Rechts, nicht etwa nur in der Tierwelt, sondern auch in der Menschen- welt. (E. 159.)

In der Natur sehen wir überall Streit, Kampf und Wechsel des Sieges, und erkennen hierin die dem Willen wesentliche Entzweiung mit sich selbst. Jede Stufe der Objektivation des Willens macht der anderen die Materie, den Raum, die Zeit streitig. Beständig muss die beharrende Materie die Form wechseln, indem am Leitfaden der Kausalität mechanische, physische, chemische, organische Erscheinungen, sich gierig zum Hervortreten drängend, einander die Materie entreißen, da jede ihre Idee offenbaren will. Durch die gesamte Natur lässt sich dieser Streit verfolgen, ja sie besteht nur durch ihn. (W. I, 174 fg. 192.)*
 

* Anmerkung der Redaktion

Hierzu sei auf Wilhelm Capelle verwiesen, der zur Weltanschauung des altgriechischen Philosophen Herakleitos von Ephesos (Heraklit) schrieb: ”Wohin wir auch blicken, zeigt sich ein Übergang der Gegensätze ineinander, ein ewiges Siegen und Unterliegen, Denn alles Geschehen ist nur ein Kampf entgegengesetzter Kräfte. Krieg ist der Vater von allem [...] Wer, wie Homer, den Streit aus der Welt wünscht, der verneint das Prinzip allen Lebens.” (Wilhelm Capelle, Die griechische Philosophie, Band 1: Von Thales bis zum Tode Platons,  3. Auflage, Sammlung Göschen, Berlin 1971, S.70.)

Im obigen Zitat bezog sich Capelle auf Aussagen von Heraklit, die er unter der Überschriftt Der Kampf als Weltprinzip so übersetzte: Der Kampf ist der Vater von allem [...]  Man muß wissen, daß der Kampf das Gemeinsame ist [...], und daß alles Geschehen vermittels des Streites und der Notwendigkeit erfolgt. (Wilhelm Capelle, Die Vorsokratiker,  Kröners Taschenausgabe,
Stuttgart 1968, S. 135.)

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