|
|
|
|
Der Monismus , die Lehre von der Alleinheit ,
|
Monismus - dieser philosophisch-theoretische, ziemlich trocken klingende Begriff kennzeichnet bestimmte Weltsichten. Da Weltanschauungen menschliches Handeln sehr nachhaltig beeinflussen können, ist dieser Begriff durchaus auch von praktischer Bedeutung. Das gilt ebenso für das Verständnis der Upanishaden und der Philosophie von Arthur Schopenhauer. Monismus , so erklärt das “Philosophische Wörterbuch”, bedeutet die Lehre von der Alleinheit , “wonach die Wirklichkeit einheitlich und von einerlei Grundbeschaffenheit sei”.(1) Laut dem “Wörterbuch der philosophischen Begriffe” versteht man im weiteren Sinne unter Monismus seit dem 19. Jh. “jede philosophische Lehre und Weltanschauung, die im Gegensatz ... zur Annahme einer ursprünglichen Vielheit ( Pluralismus ) eine letzte Einheit ... annimmt, aus der sich alles entwickelt ...”(2). Hierzu weist das Nachschlagewerk auf die Brahman-Atman-Lehre ( Tat-Tvam-Asi ) der Upanishaden , aber auch auf die abendländische Mystik hin: “Der Monismus scheint eine Ausdrucks- form indo-germanischen Geistes zu sein. Er begegnet bei den Indern in der Gleichsetzung von Brahman und Atman , ... im Advaita (3), dann in der Alleinheitslehre der Vorsokratiker ( hen kai pan ) und der Emanationslehre der Neuplatoniker, in der deutschen Mystik, sofern sie das Einswerden von göttlichem und menschlichem Selbst lehrt, und dann immer häufiger im Denken der Neuzeit: in J. Böhmes Verlegung des Bösen in die Natur Gottes, in G. Brunos Ineinssetzung von Gott und Universum ... Hier überall ist kein Raum für einen streng überweltlichen Gott.” Im obigen Zitat wird Arthur Schopenhauer nicht erwähnt. Dennoch ist seine Philosophie - wie die Advaita-Lehre der Upanishaden - zweifellos Monismus. Allen Erscheinungen dieser Welt liegt etwas zugrunde, was Schopenhauer zwar nicht Brahman , sondern Wille nannte. Alle Dinge, die als Vielheit wahrgenommen werden, sind laut Schopenhauers Philosophie lediglich Erscheinungsformen eines (metaphysischen ) Willens. Daher nahm z. B. der bedeutende Upanishaden-Forscher Paul Deussen an, dass die Upanishaden mit der Philosophie von Schopenhauer im wesentlichen übereinstimmen. Das ist jedoch nicht für alle Teile der Upanishaden in gleichem Maße zutreffend: Helmuth von Glasenapp bemerkte dazu in seinem Vorwort zu den von Alfred Hillebrandt übersetzten Upanishaden : “In der Tat läßt sich für die Zeit, in welcher die älteren Upanishaden entstanden, nicht annehmen, daß sie schon die vielheitliche Welt als eine durch den Zaubertrug der Maya hervorgebrachte Illusion betrachtet haben, wie dies Shankara (4) lehrt, vielmehr zeigen die meisten Texte, daß ursprünglich an eine reale Entfaltung des Brahma zur Welt geglaubt wurde.”(5) In gleichem Sinne äußerte sich Paul Thieme im Nachwort zu seiner Übersetzung der Upanishaden: “So läßt sich z. B. zeigen, daß die für die Philosophie Shankaras so wichtige Lehre, daß die sogenannte Wirklichkeit der Welt, die uns umgibt, in Wahrheit nur ein Schein, eine Illusion (maya) sei, in den älteren Upanischaden keine Bestätigung findet. Hier stehen sich vielmehr ursprüngliche Einheit, zu der, gegebenenfalls, nach dem Tode eine Rückkehr stattfindet, und spätere Vielheit als Realitäten gegenüber.”(6) Die Upanishaden sind somit nicht wie die Kernaussagen der Philosophie von Arthur Schopenhauer durchweg strengster Monismus , sondern nur in ihren späteren Teilen, die allerdings im Hinduismus durch die Interpretationen des sehr einflussreichen Philosophen des Advaita-Vedanta, Shankara (7), überragende Bedeutung erlangten. Thieme schließt seine Bemerkungen zu diesem nicht ganz einfach zu verstehendem Thema mit einer Aussage, die ein Schlüsselzitat aus den Upanishaden enthält: “Dem Wahrheitssucher bleibt es überlassen, für seine Person - also für sein Selbst - die ursprüngliche Einheit mit dem großen Selbst, das mit dem Brahman gleichgesetzt wird, wieder herzustellen und und damit die Erlösung zu finden: Das Brahman seiend, geht er in das Brahman ein. ”(8) Diese fundamentale Aussage der Upanishaden mag paradox erscheinen. Jedoch Wahrheit, wie etwa aus dem Zen bekannt, ist nicht unbedingt logisch, sondern ist wohl nur paradox in Worten zu formulieren, eigentlich nur unmittelbar als spirituelle Erfahrung ganz zu verstehen. Wer letztlich alle Vielfalt als ein EINES wahrnimmt, wer im EINEN Anfang und Ende aller Erscheinungsformen erkennt, hat ein neues Verhältnis zu seiner Umwelt, ja zur ganzen Natur und mithin auch zu Mensch, Tier und Pflanze. Darin sehe ich die ethisch-praktische Bedeutung der Lehre von der Alleinheit, also vom Monismus , wie er beispielhaft im Tat-Twam-Asi der Upanishaden und in der Mitleidsethik der Philosophie von Arthur Schopenhauer zum Ausdruck kommt.(9) S. auch: Schopenhauer über die All-eins-Lehre und das hen kai pan > hier . Anmerkungen (1) Philosophisches Wörterbuch, begr. v. Heinrich Schmidt, Der Monismus ist somit keine Vielheitslehre. Er ist aber andererseits abzugrenzen vom Holismus. Dieser ist eine Ganzheitslehre, die davon ausgeht, dass jede Ganzheit (Welt, Natur, Lebewesen) mehr ist als die Summe ihrer Teile. Hierbei werden diese Teile als real aufgefasst und nicht wie im Monismus nur als Gehirnphänomen - sei es als bloße Vorstellung (Schopenhauer) oder als Maya , d. h. Illusion (spätere Upanishaden). Zum Holismus s. auch > hier (Blogbeitrag). Ein jedes Wesen scheuet Qual, Wortgleich mit der Neumannschen Übersetzung zitiert Hellmuth Hecker den Dhammapadam-Vers 130 in seinem Buch “Die Ethik des Buddha” (2. Aufl., Hamburg 1976, S. 121 f.). |
|
|
|
|