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John Oxenford

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John Oxenford
- ein Wegbereiter für
 Arthur Schopenhauer

Redaktion

Arthur Schopenhauer

Selbst unter Anhängern Arthur Schopenhauers gibt es wohl viele, denen John Oxenford unbekannt ist. Das mag auch daran liegen, dass in der Schopenhauer-Literatur der letzten Jahrzehnte Oxenford kaum erwähnt wird. So ist zum Beispiel im Register von Safranskis Schopenhauer- Biographie eine Vielzahl von Namen verzeichnet, nicht jedoch der Name Oxenford. Dadurch geriet fast in Vergessenheit, welche besondere Bedeutung John Oxenford für die Verbreitung der Philosophie Schopenhauers ab Mitte des 19. Jahrhunderts hatte: 

Als Arthur Schopenhauer 1818 sein Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung veröffentlichte, glaubte er, und zwar zu Recht, dass damit die Philosophie durch ihn, dem Vollender der Kantschen Lehre, einen wirklichen Durchbruch erreicht habe. Doch zu seiner überaus großen Enttäuschung nahm kaum jemand davon Kenntnis. So blieb der junge Philosoph für die Öffentlich- keit das, was er war, nämlich der Sohn der bekannten Schriftstellerin Johanna Schopenhauer. Daran änderte sich in den folgenden Jahrzehnten nur wenig. Aber dann geschah etwas Überraschendes - jedoch nicht in Deutschland, sondern in England.

1853 erschien in der Westminster Review ein Aufsatz unter dem Titel Iconoclasm in German Philosophy (Bildersturm in der deutschen Philosophie). Hierbei ging es um den “Bildersturm” gegen die in Deutschland vorherrschende Philosophie Hegels. Im Mittelpunkt stand der “Bilderstürmer” Arthur Schopenhauer! Dieser ziemlich umfangreiche Artikel trug erheblich dazu bei, dass er und seine Philosophie in England und vor allem in Deutschland bekannt, ja berühmt wurden.

Der Verfasser dieses anonym erschienenen Aufsatzes - so stellte sich später heraus - war kein Philosophieprofessor und auch kein anderer Berufsphilosoph, sondern John Oxenford, ein Literat, Theaterkritiker der Times, Ãœbersetzer Goethes und anderer bedeutender Dichter. Zu seinen Leb- zeiten (1812-1877) war John Oxenford nicht sehr bekannt, und heute ist er fast vergessen. Jedoch durch den erwähnten Artikel bleibt sein Name mit Schopenhauer und dessen Philosophie verbunden. 

Bereits ein Jahr vor diesem Beitrag veröffentlichte Oxenford - ebenfalls in der Westminster Review - einen 4-seitigen Artikel zu Schopenhauers Parerga und Paralipomena. Als Schopenhauer diesen Artikel später kennen lernte, hielt er ihn im Vergleich zum zweiten Beitrag für “schwach”. Trotzdem hätte er dessen Ãœbersetzung “nicht ganz ungern” gesehen.

Oxenfords zweiter Aufsatz, also der zum “Bildersturm” in der deutschen Philosophie, fand hingegen weit mehr Schopenhauers Zustimmung. Dieser Beitrag ist zwar gut  formuliert und enthält viele anerkennende Worten für Schopenhauer, doch hat seine Darstellung der Philosophie Arthur Schopenhauers einige nicht unerhebliche inhaltliche Mängel. Trotz der Mängel war Schopenhauer, nachdem er zufällig von Oxenfords Aufsatz erfahren hatte, durchaus daran interessiert, diesen Beitrag in Deutschland bekannt zu machen. Hierzu zunächst musste Oxenfords Artikel angemessen übersetzt, kommentiert und publiziert werden. Für diese sehr anspruchsvolle Aufgabe konnte Schopenhauer zwei seiner Anhänger gewinnen, nämlich den Redakteur der Vossischen Zeitung, Ernst Otto Lindner und seine Frau Albertine, die als geborene Engländerin für eine von Schopenhauer sehr gelobte Ãœbersetzung sorgte.

John Oxenford starb 1877. Die Zeitung The Times (23.02.1877, S. 5) hatte ihn dazu  in einem Nachruf umfassend gewürdigt und seine Bedeutung gerade auch im Zusammenhang mit Schopenhauer hervorgehoben: Oxenfords “article is masterly in all respects  ... It may be called without exaggeration the foundation of Schopenhauers´s fame both in his own and other countries, for now suddenly the prophet was acknowledged by his people ...”  Das Sprichwort “Der Prophet gilt nichts im eigenen Land” schien auf Schopenhauer zuzutreffen. Es ist auch Oxenford zu verdanken, dass es dabei nicht blieb, und Arthur Schopenhauer inzwischen zu einem der bekanntesten Philosophen wurde.   

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