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Arthur Schopenhauer 

Glaubenslehren

Glaubenslehren - meinte Arthur Schopenhauer - seien ”mythische Einkleidungen der dem rohen Menschensinn unzugänglichen Wahrheit”.* Hierbei versuchen fast alle Glaubenslehren, also Religionen, ihre Dogmen den Menschen schon im frühesten Alter beizubringen, ja sie ihnen gleichsam einzuimpfen. Schopenhauer schrieb dazu in einer seiner Schriften, und zwar dort unter dem Titel Ueber Religion:

Allein die Religionen wenden sich  ja eingeständlich nicht an die Überzeugung, mit Gründen, sondern an den Glauben, mit Offenbarungen. Zu diesem letzteren ist nun aber die Fähigkeit am stärksten in der Kindheit: daher ist man, vor Allem, darauf bedacht, sich dieses zarten Alters zu bemächtigen. Hiedurch, viel mehr noch, als durch Drohungen und Berichte von Wundern, schlagen die Glaubenslehren Wurzel.

Wenn nämlich dem Menschen, in früher Kindheit, gewisse Grundansichten und Lehren mit ungewohnter Feierlichkeit und mit der Miene des höchsten, bis dahin von ihm noch nie gesehenen Ernstes wiederholt vorgetragen werden, dabei die Möglichkeit eines Zweifels daran ganz übergangen, oder aber nur berührt wird, um darauf als den ersten Schritt zum ewigen Verderben hinzudeuten; da wird der Eindruck so tief ausfallen, daß, in der Regel, d. h. in fast allen Fällen, der Mensch beinahe so unfähig sein wird, an jenen Lehren, wie an seiner eigenen Existenz, zu zweifeln; weshalb dann unter vielen Tausenden kaum Einer die Festigkeit des Geistes besitzen wird, sich ernstlich und aufrichtig zu fragen: ist Das wahr?” **

In diesem Zusammenhang warnte Schopenhauer vor den Gefahren eingeimpfter Glaubenslehren:

“Wäre es z. B., daß die Tödtung eines Ketzers, oder Ungläubigen, ein wesentliches Stück zum dereinstigen Seelenheil ist; so würde fast Jeder Dies zur Hauptangelegenheit seines Lebens machen und im Sterben aus der Erinnerung des Gelingens Trost und Stärkung schöpfen; wie ja wirklich ehemals fast jeder Spanier ein auto de fe [eine öffentliche Ketzerverbrennung] für das frömmste und gottgefälligste Werk hielt ...

So stark demnach ist die Gewalt früh eingeprägter religiöser Dogmen, daß sie das Gewissen und zuletzt alles Mitleid und alle Menschlichkeit zu ersticken vermag.” **


Weiteres
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Schopenhauer : Erziehung - Bildung - Abrichtung .


Anmerkungen
*
Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band II: Die Welt als Wille und Vorstellung I, Zürich 1977, S. 442 f.
** Arthur Schopenhauer , a. a.O., Band X: Parerga und Paralipomena II, Kap. 11: Ueber Religion, S. 361 f.

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