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Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer

- dargestellt in Auszügen aus seinen Werken

von Julius Frauenstädt

Arthur Schopenhauer , 1855

Bildung und Verstand - Gelehrte und Ungelehrte

Unter allen Ständen finden wir Menschen von intellektueller Ueberlegenheit, und oft ohne alle Gelehrsamkeit. Denn natürlicher Verstand kann fast jeden Grad von Bildung ersetzen, aber keine Bildung den natürlichen Verstand. Der Gelehrte hat vor Solchen allerdings einen Reichthum von Fällen und Thatsachen (historische Kenntniß) und Kausalbestimmungen (Naturlehre), Alles in wohlgeordnetem, übersehbarem Zusammenhange, voraus: aber damit hat er doch noch nicht die richtigere und tiefere Einsicht in das eigentlich Wesentliche aller jener Fälle, Thatsachen und Kausalitäten.

Der Ungelehrte von Scharfblick [...] weiß jenes Reichthums zu entrathen: mit Vielem hält man Haus, mit Wenig kommt man aus. Ihn lehrt Ein Fall aus eigener Erfahrung mehr, als manchen Gelehrten tausend Fälle, die er kennt , aber nicht eigentlich versteht : denn das wenige Wissen jenes Ungelehrten ist lebendig ; indem jede ihm bekannte Thatsache durch richtige und wohl- gefaßte Anschauung belegt ist, wodurch dieselbe ihm tausend ähnliche vertritt.

Hingegen ist das viele Wissen der gewöhnlichen Gelehrten todt ; weil es, wenn auch nicht, wie oft der Fall ist, aus bloßen Worten, doch aus lauter abstrakten Erkenntnissen besteht: diese aber erhalten ihren Werth allein durch die anschauliche Erkenntniß des Individuums. [W II, S. 84]*

Aus: Arthur Schopenhauer . Lichtstrahlen aus seinen Werken. Mit einer Biographie und Charakteristik Schopenhauer´s von > Julius Frauenstadt , 6. Aufl., Leipzig 1888, S. 7 f.

HB

* Anmerkung der Redaktion
Der folgende Satz Schopenhauers wurde von Frauenstädt fortgelassen, der aber nach Meinung der Redaktion für Arthur Schopenhauer durchaus charakteristisch ist:

Daher, während manchem Ungelehrten die richtige Auffassung der anschaulichen Welt den Stempel der Einsicht und Weisheit auf die Stirn gedrückt hat, trägt das Gesicht manches Gelehrten von seinen vielen Studien keine andere Spuren, als die der Erschöpfung und Abnutzung ...     [W II, S. 84]

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