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Aphorismen zur Lebensweisheit

Nicht durch sein philosophisch tiefgründiges Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung, sondern durch seine ganz anders gearteten, erst 1851 erschienenen  Aphorismen zur Lebensweisheit (> Inhaltsverzeichnis) wurde Arthur Schopenhauer zu einem in der Öffentlichkeit weithin bekannten Philosophen.

Während sein Hauptwerk eine dem > Buddhismus und den  > Upanishaden vergleichbare Erlösungslehre enthält, bei der es um die Überwindung unserer leidvollen Welt durch Verneinung des metaphysischen >Willens, der sich im  Willen zum Leben  äußert, geht, versetzte sich Schopenhauer in seinen Aphorismen in die Lage eines “normalen” Menschen, der das Leben bejaht und nicht das asketische Leben eines Heiligen führen kann und will.

Bereits in der Einleitung zu den Aphorismen wies Schopenhauer auf diesen fundamentalen Unterschied zu seinem Hauptwerk hin, denn die Lebensweisheit , wie sie in den Aphorismen zum Ausdruck kommt, sei  die Kunst, das Leben möglichst angenehm und glücklich durchzuführen. In diesem Sinne könne man seine Aphorismen als “Eudämonologie”, also die Lehre zu einem glücklichen Dasein, bezeichnen.(1)

Die Aphorismen zur Lebensweisheit sind im ersten Band eines Buches enthalten, das 1851, also 32 Jahre nach Schopenhauers Hauptwerk, veröffentlicht wurde. Es trägt den heute etwas umständlich erscheinenden Titel Parerga und Paralipomena (Nebenarbeiten und Nachgebliebenes). Schopenhauer bot das Manuskript der “Parerga” dem Verleger Brockhaus mit dem Hinweis an, dass dieses Werk seine vermischten philosophischen Schriften “vollendet” hätte: “Ich habe  darin alle Gedanken niedergelegt, die in meinen systematischen Werken keine Stelle finden konnten. Daher ist auch dieses, seinem größten Theile nach, ungleich populärer, als alles Bisherige ...”. (2)

Schopenhauer hatte Recht: Vor allem durch die Aphorismen wurde dieses Werk weitaus populärer als sein Hauptwerk. Doch zunächst hatte Schopenhauer hiervon keinen Nutzen. Da sein ebenfalls bei Brockhaus verlegtes Hauptwerk im Lauf der bis dahin vergangenen 30 Jahre kaum nachgefragt wurde, lehnte es Brockhaus ab, für die Parerga und somit auch für die Aphorismen ein Honorar zu zahlen. So musste Schopenhauer ihm sein Manuskript gratis (!) anbieten: “Wenn Sie (Brockhaus) es da nicht nehmen, begehn Sie einen Fehler. Denn Sie können nicht dabei verlieren, wohl aber viel gewinnen. Denken Sie von mir was Sie wollen: ich sage, daß meine Schriften das Beste sind, was das Jahrhundert gebracht hat, und bin nicht der Einzige, der es sagt. Wenn nur ein Mal der passive Widerstand der Philosophieprofessorengilde gebrochen ist, werden alle meine Werke noch oft gedruckt werden. Zudem nun aber ist das in Rede stehende bei Weitem das populärste, gewissermaßen mein ´ Philosoph für die Welt ` ...”(3)

Zweifellos, die Aphorismen zur Lebensweisheit sind das Populärste von Schopenhauers Schriften und mit seiner Lebensphilosophie ist er selbst ein Philosoph für die Welt. Inzwischen sind viele besondere Ausgaben der Aphorismen erschienen. In einer dieser Ausgaben heißt es: “ Der große deutsche Philosoph (Schopenhauer) ... verbindet darin (in den Aphorismen ) Menschenkenntnis und Weltklugheit, persönliches Bekenntnis und eigenstes Erleben. Seine Aphorismen sind bedeutend nicht nur in ihrem Inhalt, sondern meisterhaft auch in ihrer glänzenden stilistischen Form.”(4)

Ganz im obigen Sinne wird in einer anderen Ausgabe festgestellt, dass in den Aphorismen zur Lebensweisheit “Schopenhauers philosophischer Stil, der auf Prägnanz, Schlichtheit und unmittelbare Verständlichkeit zielt, seine Vollendung erreicht” habe.(5) Solche und ähnliche Urteile lassen sich nicht als bloße Verlagswerbung abtun, denn sie werden vielfach von sachkundiger Seite bestätigt. So bezeichnete Walter Abendroth in seiner Schopenhauer-Biografie im Zusammenhang mit den Aphorismen Arthur Schopenhauer als “Weisheitslehrer”, der “seinen Vortrag mit einer besonderen Fülle geistreicher Formulierungen voller Saft und Kraft, Bildhaftigkeit und Einprägsamkeit, Witz, Ironie und sublimer Boshaftigkeit würzt. Das alles macht die Lektüre dieser ´Aphorismen` zu einem unvergleichlichen intellektuellen Vergnügen.”(6) Doch, wie der Verfasser dieser Webseite aus eigener Erfahrung weiß, kann der Leser in Schopenhauers Aphorismen nicht nur “intellektuelles Vergnügen”  finden, sondern auch das, was wohl noch wichtiger ist: Weisheitslehre als Lebenshilfe in dieser leidvollen Welt!
                                                                                                                                                     
Anmerkungen

(1) Arthur Schopenhauer, Werke in zehn Bänden,
      Band VIII: Parerga und Paralipomena I /
      Aphorismen zur Lebensweisheit, Zürich 1977, S. 343.    
(2) Brief Schopenhauers an Brockhaus vom 6. Juni 1850,
      in: Arthur Schopenhauer, Gesammelte Briefe,
      hrsg. v. Arthur Hübscher, 2. Aufl., Bonn 1987, S. 242.
(3) Brief Schopenhauers an Brockhaus vom  3. Sept. 1850,
       a. a. O., S. 244.       
(4) Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit,
      ausgew. und hrsg. v. Ernst M. Frank, München 1986,
      Buchdeckel, letzte Seite.
(5) Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit,
      hrsg. v. Rudolf Marx,  15. Aufl. (Ndr.), Stuttgart 1990,
      Schutzumschlag, 1. Innenseite. 
(6) Arthur Schopenhauer in Selbstzeugnissen und
      Bilddokumenten -  dargestellt von Walter Abendroth,
      Reinbek bei Hamburg 1967 (Ausg. 1971), S. 103.

> Zitate (zum großen Teil aus den  Aphorismen )  

> Wovon hängt das Lebensglück ab?
   
(Auszüge aus Kap. I der Aphorismen)

> Weitere Schopenhauer-Aphorismen
    ( Auswahl von Heidemarie Becker
)

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