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Arthur Schopenhauer , 1859

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Arthur Schopenhauer :
Die Rishis der Upanishaden

Rishi - dieses Sanskritwort ist laut Lexikon der östlichen Weisheitslehren “die allgemeine Bezeichnung für Seher, Heilige und inspirierte Dichter, besonders aber für Seher, denen die Hymnen der Veden offenbart wurden”.(1) Der wohl berühmteste und bekannteste Seher der Upanishaden war wohl der weise Yajnavalkya. So enthält die Brihadaranyaka-Upanishad “neben der berühmten Unterweisung an Maitreyi (einer seiner beiden Frauen) auch die Streitgespräche, die er am Hofe König Janakas mit den Philosophen führte”.(2)

Gerade die Erkenntnisse solcher Rishis der Upanishaden wurden von Arthur Schopenhauer besonders geschätzt. Hierbei stellte Schopenhauer sie in einen deutlichen Gegensatz zu dem, was Kirchen und andere Stätten der etablierten Religionen zu bieten haben:

Tempel und Kirchen, Pagoden und Moscheen, in allen Landen, aus allen Zeiten, in Pracht und Größe, zeugen vom metaphysischen Bedürfniß des Menschen, welches, stark und unvertilgbar, dem physischen auf dem Fuße folgt. Freilich könnte wer satirisch gelaunt ist hinzufügen, daß dasselbe ein bescheidener Bursche sei, der mit geringer Kost vorlieb nehme. An plumpen Fabeln und abgeschmackten Mährchen läßt er sich bisweilen genügen: wenn nur früh genug eingeprägt, sind sie ihm hinlängliche Auslegungen seines Daseyns und Stützen seiner Moralität ...

Dergleichen beweist, daß mit dem metaphysischen Bedürfniß die metaphysische Fähigkeit nicht Hand in Hand geht. Doch will es scheinen, daß in den frühen Zeiten der gegenwärtigen Erdoberfläche Diesem anders gewesen sei und daß Die, welche der Entstehung des Menschengeschlechts und dem Urquell der organischen Natur bedeutend näher standen, als wir, auch noch theils größere Energie der intuitiven Erkenntnißkräfte, theils eine richtigere Stimmung des Geistes hatten, wodurch sie einer reineren, unmittelbaren Auffassung des Wesens der Natur fähig und dadurch im Stande waren, dem metaphysischen Bedürfniß auf eine würdigere Weise zu genügen: so entstanden in den Urvätern der Brahmanen, den Rishis, die fast übermenschlichen Konceptionen, welche später in den Upanishaden der  V e d e n  niedergelegt wurden.(3)


Anmerkungen
(1 Lexikon der östlichen Weisheitslehren. Buddhismus - Hinduismus - Taoismus - Zen. Scherz: Bern, München, Wien 1986, S. 309.
(2) Ebd., S. 449 f.

(3) Im Original heißt es nicht Rishis , sondern Rischis bzw. nicht Upanishaden , sondern Upanischaden. Vgl. Arthur Schopenhauer , Die Welt als Wille und Vorstellung II, Erster Teilband. (Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe , Werke in zehn Bänden, Band III,  hrsg. v. Angelika Hübscher, Diogenes: Zürich 1977), S. 188 f.     

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