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Arthur Schopenhauer : Religionsphilosophie

Arthur Schopenhauer

Religionsphilosophie ist das modische Wort für natürliche Religion. Es gibt aber keine natürliche Religion; sondern sie sind alle Kunstprodukte.” (Vgl. folg. Bild.)

Arthur Schopenhauer : Religionsphilosophie

Ausschnitt aus: Arthur Schopenhauer, Manuskripte, Brieftasche (1823), S. 105
(Quelle: > Universitätsbibliothek Frankfurt am Main; Stand: 25.01.2017).

“ Beiden Arten der Metaphysik [Religion und Philosophie]  wäre es am zuträglichsten, dass jede von der anderen rein gesondert bliebe und sich auf ihrem eigenen Gebiete hielte, um daselbst ihr Wesen vollkommen ent- wickeln zu können. Statt dessen ist man schon das ganze christliche Zeitalter hindurch bemüht, vielmehr eine Fusion beider zu bewerkstelligen, indem man die Dogmen und Begriffe der einen in die andere überträgt, wodurch man beide verdirbt.

Am unverhohlensten ist dies in unseren Tagen geschehen in jenem seltsamen Zwitter oder Kentauren, der sogenannten Religionsphilosophie, welche als eine Art Gnosis bemüht ist, die gegebene Religion zu deuten und das sensu allegorico [im übertragenen Sinne] Wahre durch ein sensu proprio [im eigentlichen Sinne] Wahres auszulegen. Allein dazu müsste man die Wahrheit sensu proprio [im eigentlichen Sinne] schon kennen und besitzen; alsdann aber wäre jene Deutung überflüssig. Denn bloß aus der Religion die Metaphysik, d. h. die Wahrheit sensu proprio [im eigentlichen Sinne], durch Auslegung und Umdeutung erst finden zu wollen, wäre ein missliches und gefährliches Unternehmen, zu welchem man sich nur dann entschließen könnte, wenn es ausgemacht wäre, dass die Wahrheit, gleich dem Eisen und anderen unedlen Metallen, nur im vererzten, nicht im gediegenen Zustande vorkommen könne, daher man sie nur durch Reduktion [Entziehung von Sauerstoff] aus der Vererzung gewinnen könnte.”*

* Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden,
   Band III, Zürich 1977, Die Welt als Wille und Vorstellung II, S. 196.

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