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Arthur Schopenhauer

über das

selige Nichts

Arthur Schopenhauer

Man kann auch unser Leben auffassen als eine unnützerweise störende Episode in der seligen Ruhe des Nichts.

Arthur Schopenhauer (P. II, 321)

 Die folgenden, für Arthur Schopenhauer charakteristischen Zitate sind aus:  Schopenhauer-Lexikon.
Ein philosophisches Wörterbuch,
nach Arthur Schopenhauers sämmtlichen Schriften und handschriftlichem Nachlaß
bearbeitet von Julius Frauenstädt. Band 2, Leipzig 1871, S. 179 f.
 (Stichwort: Nichts )

Der Begriff des Nichts ist wesentlich relativ und bezieht sich immer nur auf ein bestimmtes Etwas, welches er negiert.      [...] Näher betrachtet aber ist kein absolutes Nichts auch nur denkbar. (W. I, 484.)

Das Nichts vor der Geburt und nach dem Tode, dieses empirische Nichts, ist keineswegs ein absolutes,    d. h. ein solches, welches in jedem Sinne nichts wäre. (W. II, 548.)

Auch nach Negation des allgemein als positiv Angenommenen, welches wir das Seiende nennen, bleibt kein absolutes Nichts übrig, sondern nur ein relatives.      [...] Was nach gänzlicher Aufhebung des Willens übrig bleibt, ist für alle Die, welche noch des Willens voll sind, allerdings Nichts. Aber auch umgekehrt ist Denen, in welchen der Wille sich gewendet und verneint hat, diese unsere so sehr reale Welt mit allen ihrer Sonnen und Milchstraßen - Nichts. So lange wir der Wille zum Leben sind, kann freilich das nach Verneinung der Welt Übrigbleibende von uns nur negativ erkannt und bezeichnet werden. (W. I, 485—487.)

Das, was sich gegen die Verneinung der Welt als ein Zerfließen ins Nichts sträubt, unsere Natur, ist ja eben nur der Wille zum Leben, der wir selbst sind, wie er unsere Welt ist. Dass wir so sehr das Nichts verabscheuen, ist nichts weiter, als ein anderer Ausdruck davon, dass wir so sehr das Leben wollen, und nichts sind, als dieser Wille, und nichts kennen, als eben ihn. Durch Betrachtung des Lebens und Wandels der Heiligen haben wir den finsteren Eindruck jenes Nichts zu verscheuchen. (W. I, 486 f.)

Ergänzend zu obigen Zitaten sei von der Redaktion angemerkt, dass Arthur Schopenhauer - wohl mit Blick auf die christliche Lehre - es für eine bedenkliche Sache hielt, den Menschen zu lehren, daß er erst kürzlich aus Nichts geworden, folglich eine Ewigkeit hindurch Nichts gewesen sei und dennoch für die Zukunft unvergänglich sein solle, ist gerade so, wie ihn lehren, daß er, obwohl durch und durch das Werk eines Andern, dennoch für sein Tun und Lassen in alle Ewigkeit verantwortlich sein solle. Wenn nämlich dann, bei gereiftem Geiste und eingetretenem Nachdenken, das Unhaltbare solcher Lehren sich ihm aufdringt; so hat er nichts Besseres an ihre Stelle zu setzen, ja, ist nicht mehr fähig es zu verstehen, und geht dadurch des Trostes verlustig, den auch ihm die Natur, zum Ersatz für die Gewißheit des Todes, bestimmt hatte. (W II, 529 f.)

Völlig anders hingegen sei seine Philosophie, zu der  Schopenhauer erklärte:

Man hat geklagt, daß  meine Philosophie  traurig und trostlos wäre: aber nichts ist so trostlos wie die Lehre, daß Himmel und Erde und konsekutiv [folglich] der Mensch aus Nichts geschaffen seien, denn da folgt wie Nacht auf Tag, daß er zu Nichts wird,  wenn er vor unseren Augen stirbt. Vielmehr ist der Anfang und Grund alles Tröstlichen die Lehre, daß der Mensch nicht aus Nichts geworden ist. *

* Zitiert aus: Arthur Schopenhauer , Welt und Mensch. Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk von Arthur Hübscher, Reclam: Stuttgart 1980, S. 220.

Im übrigen gelten die obigen Ausführungen Schopenhauers auch im Hinblick auf die Tiere: Auch diese kommen bei ihrer Geburt nicht aus dem Nichts und werden mit ihrem Tode auch nicht zu Nichts. Das müsse, so Schopenhauer, “ohne alle Metaphysik ... der gesunde, durch keinen Wahn oder Aberglauben verschrobene Sinn  ... einsehn.” (Arthur Schopenhauer . Der handschriftliche Nachlaß in fünf Bänden. Hrsg. v. Arthur Hübscher, Band 3, dtv: München 1985, S. 436.)

Weiteres > Arthur Schopenhauer über den Tod

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