Obige Worte schrieb Arthur Schopenhauer in eines seiner Manuskriptbücher. Sie zeigen die überaus enge Verbindung seiner Metaphysik mit seiner Ethik, die im Kern eine zutiefst metaphysisch begründete Mitleidsethik ist. Schon daraus wird deutlich, dass für Schopenhauer die Metaphysik keineswegs nur theoretisch-philosophische, sondern sehr konkrete praktische Bedeutung hatte.
Darüber hinaus steht die Metaphysik in sehr engem Zusammenhang mit dem zentralen Teil von Schopenhauers Philosophie, nämlich mit seiner Lehre vom metaphysischen Willen, welcher für Schopenhauer das Kantsche Ding an sich war und der sich in allen Erscheinungen dieser Welt manifestiert. Dementsprechend deutlich unterschied Schopenhauer zwischen Physik und Metaphysik. Bei der Physik geht es, wie bei allen Naturwissenschaften, um die Welt der Erscheinungen, bei der Metaphysik jedoch um das, was hinter allen Erscheinungen ist, nämlich das Ding sich, der metaphysische Wille.
Die Metaphysik überschreitet die Grenzen, welche die Physik - trotz aller wissenschaftlichen Fortschritte - nicht überwinden kann. So muss laut Schopenhauer die Physik mehr oder weniger an der Oberfläche bleiben, wogegen die Metaphysik das Innerste erreicht. Im “Innersten” des Menschen ist jedoch die Wurzel aller Ethik.
Zum Verhältnis von Ethik und Physik stellte Albert Einstein die Frage, ob aus der Physik ethische Sätze für unser Handeln zu gewinnen seien.(1) Einstein verneinte das, denn er glaubte nicht, dass die Wissenschaft Moral lehren könne. Einstein: Die Erkenntnis der Wahrheit ist herrlich, aber als Führerin ist sie so ohnmächtig, daß sie nicht einmal die Berechtigung und den Wert unseres Strebens nach Wahrheit zu begründen vermag ... (Für den Forscher gebe) es nur ein Sein, ... kein Gut und Böse .... Mit dieser Feststellung befand sich Einstein in grundsätzlicher Übereinstimmung mit Schopenhauer, seinem, wie es in einer Biografie heißt, Philosophen-Freund. (2)
Die Ethik ist ein bedeutsames Beispiel dafür, wie unterschiedlich Physik und Metaphysik in ihren Aussagen und Möglichkeiten sind. Hierbei ist es bezeichnend, dass Arthur Schopenhauer seine Preisschrift über die Grundlage der Moral mit einem Abschnitt zur Metaphysik (§ 22) beendete. Bereits in der Einleitung zu dieser Preisschrift brachte Schopenhauer ein lateinisches Zitat des Philosophen Christian Wolf, dessen deutsche Übersetzung lautet: Die Finsternis in der praktischen Philosophie wird nur vertrieben, wenn das Licht der Metaphysik sie erhellt. (3) Im Hinblick auf die Ethik fügte Schopenhauer dem noch das Kant-Zitat hinzu: Die Metaphysik muss vorangehen, und ohne sie kann es überall keine Moralphilosophie geben. Sich somit auf Kant berufend, meinte Schopenhauer, dass in der Philosophie das ethische Fundament seine Stütze haben müsse an irgendeiner Metaphysik, d. h. an der gegebenen Erklärung der Welt und des Daseins überhaupt; in dem der letzte und wahre Aufschluss über das innere Wesen des Ganzen der Dinge notwendig eng zusammenhängen muss mit dem über die ethische Bedeutung menschlichen Handelns.
Selbst mehr als 150 Jahre nach Schopenhauer kann die Physik bestenfalls nur Teilzusammen- hänge befriedigend erklären, aber nicht letzten Aufschluss über das innere Wesen des Ganzen geben. Das gehört in den Bereich der Metaphysik. Daran hat sich bis heute trotz aller Fortschritte, welche die Physik bei ihrer Suche nach einer Weltformel machen konnte, grundsätzlich nichts geändert. Nach wie vor gilt das Schopenhauer - Wort:
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