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 Der Intellekt und seine Grenzen

Auf Erhaltung des Individuums allein ist der Intellekt berechnet und in der Regel selbst hiezu nur nothdürftig ausreichend. Aber weislich ist die Natur mit Ertheilung eines größern Maaßes sehr karg gewesen: denn der beschränkte Kopf kann die wenigen und einfachen Verhältnisse, welche im Bereich seiner engen Wirkungssphäre liegen, mit viel größerer Leichtigkeit übersehn und die Hebel derselben handhaben, als der eminente, der eine ungleich größere und reichere Sphäre überblickt und mit langen Hebeln agirt, es könnte. So sieht das Insekt auf seinen Stängeln und Blättchen Alles mit minutiösester Genauigkeit und besser, als wir; wird aber nicht den Menschen gewahr, der drei Schritte davon steht. Hierauf beruht die Schlauheit der Dummen ... Für das praktische Leben ist das Genie so brauchbar, wie ein Stern-Teleskop im Theater.
(Aus:
Arthur Schopenhauer , Von den wesentlichen
Unvollkommenheiten des Intellekts
, W II 160 f.)

>   Abkürzungen / Quellen

 

 Die folgenden ergänzenden Zitathinweise sind aus Wagners  > Schopenhauer - Register , Stichwort Intellekt :

  • Der Intellekt des Menschen ist ein doppelter, er hat außer der anschaulichen Erkenntnis
    (>
    Verstand) noch die abstrakte Erkenntnis (> Vernunft).
    >
    G 48, 71; W II 62, 65 f.; W I 180, 44, 46.
    Die Funktionen des Intellekts sind:
        1) die richtige anschauliche Auffassung der Dinge;
        2) Bildung richtiger Begriffe;
        3) Beurteilung der Sache;
        4) Kombination der Urteile zu Prämissen von Schlüssen.
    >
    W II 131.
    Seinen Stoff nimmt der Intellekt aus der Anschauung, woraus er Begriffe bildet.
    >
    W II 76, 84.
    Die Beschäftigung des Intellekts mit Begriffen heißt im engeren Sinn
    Denken.
    >
    G 101.
     
  • Mit der Tierwelt tritt der Intellekt auf, der von schwachen Anfängen immer höher steigt und schließlich im Menschen den Gipfel erreicht. Aber selbst innerhalb der menschlichen Spezies gibt es noch unzählige Abstufungen es Intellekts vom Dummkopf bis zum Genie.
    >
    W I 27; W II 315 ff., 318 ff., 330 f., 437, 160 f.;
       
    N 48 f., 74 ff., 31 f.; P I 355 Anm., 193;
       
    P II 70 f., 75, 77f, 630 ff.
     
  • Der Unterschied der Intelligenzen hängt von anatomischen und physiologischen Bedingungen ab und zeigt sich in der Schnelligkeit des Denkens und im Grade der Klarheit des Verständnisses.
    >
    W II 157 f.
    Der Unterschied, auf welchem die Abstufung der Intelligenzen beruht, ist schon in der anschaulichen Auffassung vorhanden und entsteht nicht erst im Abstrakten.
    >
    W II 81.
     
  • Jede Steigerung des Intellekts über das gewöhnliche Maß hinaus ist als eine Abnormität zu betrachten und disponiert zum Wahnsinn.
    >
    W I 225.
     
  • Der Intellekt ist allein auf die Erhaltung des Individuums berechnet; daher ist er beschränkt und nicht zur Ergründung des Rätsels der Welt geeignet.
    >
    W II 160 f.; P II 58, 463, 534 f.
     
  • Der Intellekt ist uns das, was in der Pflanze die bloße Empfänglichkeit für äußere Einflüsse ist.
    Er tritt  ein auf den höheren Stufen der Objektivation des
    Willens als ein Hilfsmittel zur Erhaltung des Individuums und Fortpflanzung des Geschlechts und wird um so vollkommener, je komplizierter die Organisation und dadurch mannigfaltiger und schwerer zu befriedigen die Bedürfnisse werden.
    >
    W I 179 ff., 207 f.; W II 229, 284, 315 f., 322 f., 738;
       
    N 48 ff., 67-78; E 31; P I 276; P II 49.
    Der Intellekt ist, so gut wie Klauen und Zähne, nichts anderes als ein
    Werkzeug zum Dienste des Willens.
    >
    W II 228f., 316 f., 455, 670, 700, 737; W I 345; N 48, 51, 69; P I 505; G XII f.
    Der Intellekt ist physiologisch Funktion des Gehirns, metaphysisch aber das Werk des Willens. Der Wille objektiviert sich in ihm als ein Erkennenwollen.
    >
    W II 293 f., 572; W I 179; N 20 f.
     
  • Der Intellekt ist hervorgebracht zum Dienste eines
    individuellenWillens: daher ist er allein bestimmt,
    die Dinge zu erkennen,sofern sie die Motive eines
    solchen Willens abgeben, also die Relationen der
    Dinge uns zu zeigen, nicht aber sie zu ergründen
    oder ihr Wesen an sich aufzufassen.
    >
    W I 208; W II 156, 176, 195, 322 ff., 415 f., 544, 549, 616;
       
    N 71 f.; P II 16 f., 38, 50, 93 ff., 101 f., 113, 449 f.
    Der Intellekt ist nicht bestimmt, das Rätsel der Welt zu lösen.
    >
    W II 152, 206, 326; P II 11 f., 98.
    Auch unser eigenes Wesen ist dem Intellekt ein Rätsel. 
    >
    W II 572, 220.
     
  • In spekulativen Forschungen hat der Intellekt einen entschiedenen natürlich Hang zum Irrtum, da er eben nicht zu solchen, sondern zu praktischen Zwecken ursprünglich bestimmt ist.
    >
    E 92, 41.
     
  • Der Intellekt ist physisch, nicht metaphysisch; er ist durch die Natur bedingt, liegt in ihr, gehört zu ihr: er kann alles in der Natur verstehen, aber nicht die Natur selbst; er bezieht sich bloß auf die Erscheinungen, nicht auf das Ding an sich.
    >
    W II 326, 328 f., 547, 566, 737; N 3, 72, 109;
       
    P II 102 f., 11f.
    Wir stoßen mit unserem Intellekt überall an unauflösliche Probleme wie an die Mauer unseres Kerkers.
    >
    W II 737.
    Der Intellekt verhält sich zu transzendenten Fragen wie unsere Sinnlichkeit zu etwaigen Eigenschaften der Körper, für die wir keine Sinne haben.
    >
    W II 736.
    Der Intellekt dringt nicht ins Innere der Natur.
    >
    W I 630 f.; W II 195, 304, 309, 325; P I 320;
       
    P II 38, 47 f., 101 ff, 151.
                  
                           

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