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Ignaz Perner und Arthur Schopenhauer

Ignaz Perner
Arthur Schopenhauer

Ignaz Perner
(1796-1867),
Jurist,
Pionier der deutschen
Tierschutzbewegung (1)

Arthur Schopenhauer
(1788-1860),
Philosoph,
Wegbereiter der deutschen
Tierrechtsbewegung (2)

Zwei Namen sind, was leider heute viel zu wenig bekannt ist, mit der Gründung der ersten Tierschutzvereine in Deutschland, ja mehr noch, mit den Anfängen  der heutigen Tierschutzbewegung in Europa eng verbunden: Ignaz Perner und Arthur Schopenhauer. Beide waren Zeitgenossen und schätzten einander.

Während die Arbeit Perners mehr auf Organisation und volksnahe Aufklärung zum Tierschutz ausgerichtet war, gab Schopenhauer  als erster weltbekannter Philosoph der Neuzeit dem Tierschutz und dem Kampf für Tierrechte eine sehr tiefe philosophische Grundlage, und zwar insbesondere durch seine die Tiere einschließende Mitleidsethik.

Ignaz Perner, 1796 als zehntes Kind eines Gerichtsdieners im bayerischen Ebersberg geboren,  war Jurist (Hofrat). 1842 gründete er in München einen der ersten Tierschutzvereine der Welt, den er dann bis 1864 unter dem Vorsitz des bayerischen Finanzministers Graf von Seinsheim geschäftsführend leitete.(3)

Es zeugt von den Fähigkeiten und der Tatkraft Perners, dass der Verein bereits ein Jahr nach seiner Gründung 76 “Filialvereine” mit mehr als 3.000 Mitgliedern hatte und so zum größten Tierschutzverein in Europa wurde!

Als der Münchener Tierschutzverein, dem heute (2012) etwa 11.000 Mitglieder angehören, 1956 sein Tierheim eröffnete, gab er ihm den Namen Ignaz-Perner-Tierheim. Darüber hinaus erhielt Perner für seine Verdienste um den Tierschutz “eine durch die Tierschutzvereine vergebene Medaille”.(4) Im übrigen erinnert auch die Ignaz-Perner-Straße in München an diesen Pionier der deutschen Tierschutzbewegung.

Arthur Schopenhauer äußerte sich mehrmals sehr anerkennend zu Perners Tierschutzarbeit. So schrieb er in seiner “Parerga” im Zusammenhang mit einer Tierquälerei in Bayern, “wo unter den Auspicien des Prinzen Adalberg der würdige und hochverdiente Hofrath Perner (der Name ist im Original hervorgehoben) dem ganzen Deutschland als Beispiel vorleuchtet im Beschützen der Thiere gegen Rohheit und Grausamkeit”(5).

Schopenhauers Interesse an Perner kam auch darin zum Ausdruck, dass er diesem ein Exemplar seiner Ethik zusandte. Perner bedankte sich dafür durch eine - wie es Schopenhauer nannte - “sehr enthusiastische Lobepistel” (Lobesschreiben).(6) In einem Brief  informierte Perner Schopenhauer nicht nur ausführlich über seine Arbeit, sondern er bat ihn auch dabei mitzuhelfen, die Jahresberichte des Münchner Tierschutzvereins zu verbreiten. Schopenhauer hatte vermutlich dieser Bitte entsprochen, denn im Jahresbericht des Tierschutzvereins für 1850 und 1851 wird Arthur Schopenhauer unter den Persönlichkeiten genannt, die bei Verbreitung der Schrift mitgewirkt hatten, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Schopenhauer der Verfasser des Werks Die beiden Grundprobleme der Ethik sei.

An Adam von Doss, einem seiner wichtigsten Anhänger, schrieb Schopenhauer am 10. Mai 1852:

Den Hofrath Perner bitte ich auf das herzlichste von mir zu grüßen: ich habe seinen Brief und diverse gedruckte Zusendungen richtig erhalten, freue mich seines Beifalls und möge er ja nicht vergessen versprochenermaßen mich zu besuchen, wenn er ein Mal herkommt. Er ist ein höchst verdienter und verehrungswerter Mann: wer könnte das höher schätzen, als wir Buddhaisten! (7)

Die Beziehung zu Ignaz Perner ist keine bloße Randbegebenheit im Leben Schopenhauers. Sie ist für die Beurteilung seiner  Persönlichkeit kennzeichnend und ein weiterer Beleg dafür, wie sehr sich Arthur Schopenhauer den Tieren verbunden fühlte.

Vor allem aber ist es bedeutsam, dass seine Philosophie, besonders seine mit ihr in engem Zusammenhang stehende Mitleidsethik, dem Tierschutz eine äußerst tiefe, bis in die Metaphysik hineinreichende  Begründung gibt. Arthur Schopenhauer wurde damit zu einem der wichtigsten Begründer der neuzeitlichen Tierethik.(8)

Anmerkungen
(1)
  Bildquelle: Arthur Schopenhauer, Leben und Werk in Texten und Bildern. Von Angelika Hübscher. Frankfurt am Main 1989,
S. 144.
(2)  Arthur Schopenhauer 1855, Gemälde von Julius Lunteschütz;
Bildquelle: Rudolf Borch, Schopenhauer , Berlin 1941.
(3)  Die Angaben zum Münchener Tierschutzverein sind aus dessen Webseite (Stand: 11.07.2012).
(4)  Bosls Bayerische Biographie. 8000 Persönlichkeiten aus 15 Jahrhunderten. Hrsg. v. Karl Bosl. Regensburg 1983, S. 579.
(5)  Arthur Schopenhauer , Werke in zehn Bänden, Zürich 1977, Band X: Parerga und Paralipomena II, S. 413 f.
(6)  S. hierzu und den folgenden Ausführungen:
Arthur Schopenhauer, Gesammelte Briefe.
Hrsg. von Arthur Hübscher, 2.verb. und erg. Auflage,
Bonn 1987, S. 247 und 552.
(7)  Ebd., S. 281.
(8)  Arthur Schopenhauer war einer der ersten Mitglieder des 1841 in Frankfurt am Main gegründeten Tierschutzvereins, wie auf dessen Webseite zu ersehen ist (Stand: 11.07.2012).

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