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 über die

Einbildungskraft

Viel Einbildungskraft hat Der, dessen anschauende Gehirntätigkeit stark genug ist, nicht jedesmal der Erregung der Sinne zu bedürfen, um in Aktivität zu geraten.

Dem entsprechend ist die Einbildungskraft um so tätiger, je weniger äußere Anschauung uns durch die Sinne zugeführt wird. Lange Einsamkeit, im Gefängnis, oder in der Krankenstube, Stille, Dämmerung, Dunkelheit sind ihrer Tätigkeit förderlich: unter dem Einfluß derselben beginnt sie unaufgefordert ihr Spiel. Umgekehrt, wann der Anschauung viel realer Stoff von außen gegeben wird, wie auf Reisen, im Weltgetümmel, am hellen Mittage; dann feiert die Einbildungskraft und gerät, selbst aufgefordert, nicht in Tätigkeit: sie sieht, daß es nicht ihre Zeit ıst.

Dennoch muß die Einbildungskraft, um sich fruchtbar zu erweisen, vielen Stoff von der Außenwelt empfangen haben: denn diese allein füllt ihre Vorratskammer. Aber es ist mit der Nahrung der Phantasie wie mit der des Leibes: wann diesem soeben von außen viel Nahrung zugeführt worden, die er zu verdauen hat, dann ist er gerade am untüchtigsten zu jeder Leistung und feiert gern: und doch ist es eben diese Nahrung, der er alle Kräfte verdankt, welche er nachher, zur rechten Zeit, äußert.*

*  Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band X,
      Parerga und Paralipomena II/2:  Psychologische Bemerkungen, S. 657.

Weiteres  > Arthur Schopenhauer über die Phantasie

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