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Arthur Schopenhauer

Die deutsche  Sprache -
ein leicht zu verderbendes Kunstwerk 

Die Sprache des Menschen, meinte Arthur Schopenhauer, “ist das erste Erzeugnis und das notwendige Werkzeug seiner Vernunft. Durch Hilfe der Sprache allein bringt die Vernunft ihre wichtigsten Leistungen zu Stande, nämlich das übereinstimmende Handeln mehrerer Individuen, das planvolle Zusammenwirken vieler Tausende, die Zivilisation, den Staat, ferner die Wissenschaft, das Aufbewahren früherer Erfahrung, das Zusammentreffen des Gemeinsamen in einen Begriff, das Mitteilen der Wahrheit, das Verbreiten des Irrtums,  das Denken und Dichten ...”(1)

Dementsprechend betonte Schopenhauer oftmals die zentrale Bedeutung der Sprache für die geistige Entfaltung des Menschen: Wort und Sprache sind das unentbehrliche Mittel zum deutlichen Denken. (2). In der Sprache zeigt sich nicht nur der einzelne Mensch, sondern darüber hinaus ist “die Sprache der Abdruck des Geistes eines Volkes”.(3). Die Sprache - und hierbei hob Schopenhauer besonders die deutsche Sprache hervor - “ist das köstlichste Erbteil der Nation und dabei ein überaus kompliziertes, leicht zu verderbendes und nicht wieder herzustellendes Kunstwerk”.(4)

Somit ist es verständlich, wenn Schopenhauer  sich voller Empörung gegen “willkürliches, ja freches Umspringen mit der Sprache, wie heut zu Tage in Deutschland jeder Tintenklexer es sich erlaubt” (5) , wandte  und in diesem Zusammenhang eine Frage stellte, die leider auch heute noch mit Recht gestellt werden könnte: “Oder ist etwa die deutsche Sprache vogelfrei, als eine Kleinigkeit, die nicht des Schutzes der Gesetze wert ist, den doch jeder Misthaufen genießt?” (6)

Raube man der deutschen Sprache ihre Vollkommenheit, dann, so warnte Schopenhauer, gehe sie in einen Jargon über, so dass man die deutschen Klassiker nicht mehr verstehen werde.(7)  Inzwischen sind bald zwei Jahrhunderte vergangen und die deutsche Sprache ist entgegen Schopenhauers Befürchtung nicht - oder zumindest nicht überall - in einen bloßen Jargon übergegangen. Die alltägliche deutsche Umgangssprache hat sich zwar seitdem weiter entwickelt, aber dennoch ist der Klassiker Arthur Schopenhauer durchaus sprachlich verständlich geblieben, denn andernfalls hätten die mit vielen Zitaten aus Schopenhauers Schriften hier veröffentlichten Webseiten wenig Sinn.

Unter Jargon ist eine “(abwertend) saloppe, ungepflegte Ausdrucksweise” zu verstehen.(8)   Selbst wenn in der heutigen deutschen Sprache eine solche Ausdrucksweise weit verbreitet ist, so zeigen doch andererseits die nach wie vor vielen Leser Schopenhauers, dass dessen Werke nicht nur als Philosophie, sondern auch als sprachliches Kunstwerk hoch geschätzt werden, denn - so Franz Kafka :

Schopenhauer ist ein Sprachkünstler.
Wegen seiner Sprache allein
muß man ihn unbedingt lesen.
(9)
 

 

Anmerkungen
(1) Arthur Schopenhauer , Werke in zehn Bänden, Zürich 1977 (Zürcher Ausgabe), Band I: Die Welt als Wille und Vorstellung I, S. 69.
(2) Arthur Schopenhauer , a. a. O., Band III: Die Welt als Wille und Vorstellung II, S. 81.
(3) Ebd., S. 167.
(4) Ebd., S. 147.
(5) Arthur Schopenhauer , a. a. O., Band X: Parerga und Paralipomena II, S. 585.
(6) Ebd., S. 583.
(7) Schopenhauer-Register von Friedrich Wagner, neu hrsg. von Arthur Hübscher, Stuttgart- Bad Cannstadt 1960, Stichwort: Deutsche Sprache , S. 63 f.
(8) DUDEN , Fremdwörterbuch, 5. Auflage, Mannheim usw. 1990, Stichwort: Jargon , S. 371.
(9) Gustav Janouch, Gespräche mit Kafka, hier zit aus: Über Arthur Schopenhauer , hrsg. von Gerd Haffmans, 3. Auflage, Zürich 1981, S. 257.

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