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Arthur Schopenhauer

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Arthur  Schopenhauer

Der “freie” Philosoph

Teil 2 zu Arthur Schopenhauer - sein Leben und Werk.
Aus: Unsere Zeit. Jahrbuch zum Conversations-Lexikon,
 4. Band, Leipzig (Brockhaus) 1860, S. 711 ff.
 Die Rechtschreibung wurde beibehalten;
Zwischenüberschriften und Anmerkungen 
sind von der Redaktion.

“ Darauf  brachte er den Winter in Weimar zu, wo ihn Goethe an sich heranzog, ihn in seine “Farbenlehre” mit Vorzeigung seiner Experimente einweihte, und so vetraut mit ihm wurde, wie es der Altersunterschied zwischen beiden irgend zuließ. Von nicht geringerm Einfluß auf Schopenhauer als dieser nahe und vertraute Umgang mit Goethe wurde die Einführung in das indische Alterthum durch den Orientalisten  Friedrich Majer. Daher schreibt sich die hohe Verehrung Schopenhauer`s für die heiligen Schriften der Hindu und der orientalische Zug seiner Philosophie, der ihr in unserer occidentalischen Welt ein so fremdartiges Gepräge gibt und sie so paradox erscheinen läßt. (1)

In den Jahren 1814-18 privatisierte Schopenhauer in Dresden, benutzte die Bibliothek und die Kunstsammlungen zu vielseitigen Studien... In dieser Zeit (1815) verfaßte er seine optische Abhandlung “Über das Sehen und die Farben”, von welcher Goethe das Manuscript auf seiner damaligen Rheinreise mit sich führte, und die 1816 ans Licht trat. Was aber noch wichtiger ist, in dieser Zeit schoß sein System, wie er es in seinem Hauptwerk “Die Welt als Wille und Vorstellung” (1819) niedergelegt, ´gewissermaßen ohne sein Zuthun strahlenweise wie ein Krystall zu einem Centrum konvergirend zusammen.

Sobald er das Manuscript desselben dem Verleger übergeben hatte, reiste er (im Herbst 1818) nach Rom und Neapel. Nach seiner Rückkehr begab er sich im Jahre 1820 nach Berlin, wo er sich an der Universität habilitirte. Indeß hat er nur während eines Semesters  docirt. Schon im Frühling des Jahres 1822 ging er wieder nach Italien, wo er bis 1825 blieb. Er kehrte dann nach Berlin zurück; der Lectionskatalog enthielt zwar seinen Namen, Vorlesungen hielt er aber nicht. Im Jahre 1830 erschien Schopenhauers `Farbenlehre` in lateinischer Bearbeitung, von ihm selbst für das Ausland besorgt.

Im Jahre 1831 floh er vor der nach Berlin vordringenden Cholera, ging nach Frankfurt a. M. und ließ sich daselbst nieder, weil das Klima und die Annehmlichkeiten des Ortes ihn ansprachen, und die durch günstige Vermögensverhältnisse gesicherte Subsistenz ihm die Wahl des Ortes freiließ - ein für einen Philosophen und einen Mann von Schopenhauer´s Art gewiß unschätzbares Glück!

Weder genöthigt für Geld zu arbeiten, noch auch sich um ein Amt zu bewerben, blieb Schopenhauer im ungestörten Besitze seiner Kräfte und seiner Zeit, konnte ganz der Befriedigung seines metaphysischen Bedürfnisses nachhängen, und sich zur Ausarbeitung seiner, durch keine äußern Rücksichten hervorgerufenen Werke Zeit lassen. Diese tragen demgemäß auch den Stempel der Reife. Man ersieht hieraus beispielsweise, wie wichtig für die Förderung der Philosophie eine freie Stellung und sorgenfreier Zustand der Philosophen ist. Schopenhauer hatte es nicht nöthig, von der Philosophie zu leben, daher konnte er ganz für dieselbe leben.”
                                                                                                                    

Anmerkungen

(1) Was in diesem Zusammenhang Schopenhauers Philosophie “paradox” erscheinen lassen soll, ist nicht ganz  verständlich. Schopenhauer stand durchaus auf dem Boden der abendländischen Philosophie, vor allem der von Platon, Hume und Kant. Er verstand sich als Nachfolger  Kants, dessen Philosophie er entscheidend fortent- wickelte. Dabei kam Schopenhauer zu Ergebnissen, von denen er meinte, und zwar mit gewissem Recht, dass sie mit den altindischen Upanischaden und dem Buddhismus im wesentlichen übereinstimmen würden:

> www.schopenhauer-buddhismus.de  

                        > www.schopenhauer-indische-religionen.de  

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